Lyrisches Kokon

Sein und Sein ist fein.
Sein und Werden verursacht nur Beschwerden.
Doch entzieht das Werden sich dem Sein,
wird alles wieder fein.
Monadenlehre 1

wo keine Öffnung sei, ist ein Sein beschrieben,
vom Raum gelöst, weil es ihn enthält.
Die Gleichung ist dem Gleichnis noch geblieben,
auch wenn der Zwiestrich nicht gefällt,
kann das Bild doch für Erkanntes stehen.
Verschmelzen aber Besungenes und Lied zu einem
und will etwas in uns darin dasselbe sehen,
dann fühlen wir Gewissheit keimen,
die für immer ihre Augen schließt.
Auch der kann nun als Zeichen gelten:
Jemand, der im Inneren das Äußre liest
führt es wieder knospenhaft in beide Welten,
wo es dann erstirbt im Kleinsten, das wir spüren
als Kraft, die keine Größe kennt und alles bindet.
Unentwegt müssen wir sie ins Schauen führen,
da unser Herz die Tat ohne Antlitz nicht verwindet..

So hindert manche, auszusprechen SEINEN Namen.
Nicht Furcht vor IHM will Schweigen höher ziehen,
sondern in Trennung von Bild und Wort bekamen
wir den zartesten Erlebensstaub verliehen,
der zeigt, alles Wirkende wird nur verstanden
löst es sich von dem, was zu wirken scheint.

Nur in dieser Teilung ist es vorhanden -
nennen wir’s SEIN Auge, das vereint.

Mythophagischer Prolog

Zur eigenen Nacht 
verpflichtet uns das Bild.
Im Sonnenrohr entfacht
erinnert nur ein Schild
aus ascheschwarzen Funken.

Ach preiset blinde Sehnsucht,
die in samtner Kluft versunken
uns zerteilt in nacktes Hier und Damalswucht.

Ach reiset bevor ihr euch besinnt,
reiset in die tückisch frohe Eigenschlucht,
damit der Jubel eines Zweifels euch gewinnt-

Verkümmert liegen Raum und Leben
müden Wülsten dumpf geweiht.
Kann Empfindung im Erkennen beben?
Nur Pose, die dem Schauen Tat verleiht.

Sand bestreut den Schauer,
wenn sich Blick und Welt vermählen,
dann dürstest du nach Dauer,
dann mußt du Form und Worte wählen.

Doch Erfahrung - ein Kleid aus feinstem Horn -
zerreiß es bald, stoße deinen Leib ins Wolkennest.
Unverwoben schmiegt es ohne Enge, ohne Dorn,
an geschmolzne Zeit sich, die Gestalt vergehen läßt.

Canta!
Cantate!
Canta!

war es des Salamanders Glanz,
war es des Falken Sturz,
war es des blauen Schirmes Blähen,
war es Liliths erstes Sehen, 
das wir gesehen, als sie sang?

Sie sang, als sie sah
und weil sie sang,
hat sie gesehen.

steinschlagende Stimme, 
steinformende Hand,
steinlesendes Auge,
oh stimmloser Stein,

gelöst die Haut 
von Licht durchflossen
Wüstenton aus Schlafgeröll 

im Glanz des Salamanders:
aller Schlachten Feuertropfen
im Sturz des Falken:
eines Stiches
Flammenmeer
unter des blauen Schirmes Blähen:

canta!
cantate!
canta

tempus imaginum                     Zeit der Bilder
temporum imagines                 Der Zeiten Bilder
lumine carmina                         Lieder von Licht

vox oculi                                      Stimme des Auges.
tempus immortalitatem           Zur Unsterblichkeit 
modo                                            gelangen kann die Zeit
carminibus                                  durch Gesänge
accedere possit.                          nur.

cur autem                                    Weshalb jedoch 
saepe imaginibus                       wird uns gegeben
immortalitatem                          die Unsterblichkeit
nobis datur                                  oftmals durch Bilder?

cur autem immortalitas            Weshalb jedoch scheint
sine imaginibus sentiri              nicht gefühlt werden zu können
non posse videtur                 ohne Bilder die Unsterblichkeit?

 

das kl. und der gr. Zwänguru

Vertäut
unter zugekniffnen Lidern
erschaut der Mensch,
was Schmerz gebiert:
Bestäubter Herrscher
Tränensack
getragen
um heißer Hüften
Weltgezäum.
Dort säugt
vertaner Tage
Zwischenkind
behende
auf süße Tropfen
hinter bittren
hoffend.
Springt aber einst
zum Tatenkreuz
zu hoch
der große Zwänguru,

sieht das kleine
kurz
ein Sternenbild
und bald
an sich herab
den Beutel
mit kleinster Kronenkäfer Nabelkabel
bis zum nächsten Sprung befüllt.

 

Geburt der Wahrnehmung

ohne bild wachsen im bauch wir
ins herz greift nur der klang.
ohne begriff die augen bereit doch.
allein ein flackern schon,
wer weiß,
formt der frage schwellenden ton.
und trennt  erscheinung von gefühl,

wenn noch tiefer,
furcht unbenannt,
sich entzündet
oder geerbtes sehen aus
der organe,
der mutter magen rinnt,
aus ihr zu gedeihen scheint,
unbegreifliches schauen,

sonne sickert
dort draußen am morastigen strand
durch nabel und haut
rotgeädertes nachtorange
ach ja - federgleich streicht
unerklärlich
so’n duft,
mag sein,
über etwas, das nichts kennt.
mozarella, weißbrot und paradeiser
im rachen da oben
halber brei,
husten drückt stückchen
in die nebenhöhlen.

maman, est ce toi?
ahh hohe, du see
nimm mich auf

bald.

Zwischen zwei Säulen gesprochen:
Die geliehene Melusine

Salzig schmeckt im Hunger schon die Sättigung.
Und der Schwarm, aus dem das Mahl gegeben,
gab vorher die Schwester an des Tauchers Pfeil
als wärs beschlossen seit das Meer besteht.
Noch ganz im Lied des Gleitens und der Flucht
werden geblendet die spähenden Augen 
von unzählbar spiegelnden Schuppen
in jeder verworfen des Jägers Gesicht.

Gedeutet liegt im Traume schon das Bildgeflecht.
Und die Fischin, lang entdeckt,
verschlingt des Fischers Schlaf
in einer Zeit, die nicht enteilt.
Behutsam ersteht zu seinen Füßen
eine Flosse, zur Lenkung geschaffen -
der Mutter als Schatten bestimmt,
und dann ohne Klage zerfällt, wenn er erwacht.

Oh Gleichnis, wie ein Staate bindest du und brichst brausender Erkenntnis Wellen
behaglichen Verklingens

Wir und Alle und Du und ich und das und jenes Ding
und Ihr und Staatenbalg
und Menschbemenschter
und was denn ist was da wirket
zwischen und zwischen
und mit und unter

Ach, wenn wir fragen nach einer Kraft,
neigen wir,
sie immer wieder
einem Wesen zuzusprechen.
seid ehrlich, oh Weiseste der Weisen!
Könnt ihr Gesten
von denen trennen ,
die sie führen?
Auch, wenn wir wissen
um Ursprungsfunken
und um Schöpfungskern
im Nachtöldunst aus Herzgetös‘,
im unnennbaren Hitzenebel
feierlich zuletzt ins Wort
geschwitzt.
Trauer-ende, Bildgerahm.
doch die Gesten!
Kraft zu lösen von jenem Wesen
ist ihrer Bestimmung
allzu jähe Pracht...

 

Mythophrasen 1

Der Messung,
der Deutung goldner Faden
webend von Zeiten zu Körpern
uns ins Auge
stürzt
in Werte -
durchzieht die Welt
mit Geflecht aus Zwischenraum.
Da flirrt verfolgtes Licht
und hat der Tint' ein Lächeln abgerungen,
das im Buche duften kann
wie die längst zertretne Rose

ex castris hortorum vocis.

Mythophrasen 2

Feuer und Stein
-sie wurden.
Wasser und gläserne Formen
erfuhren zugleich Zeugung und Geburt.

Nur das Fleisch es trennt sie.
Es zeugte und gebar
auch Sinne-
die zeugten von der Welt Erzeugtem,
das sich ins Herz gebettet nur dort
für geboren hielt,
und von jenem festgehalten
schließlich sich als Selbst erschaffen fand.

und dann die Zeit!
im Fleisch verwurzelt
erkennt sie nicht das Ganze.
Verzweifelt zeugt sie uns das Selbst zur Welt.

und dann das Werden!
Im Sinn verloren zeugt es
von der Welt Erzeugtem,
das ins Herz gebettet 
die Dinge für für geboren hält, 
und schließlich 
als ein Bild erschaffen findet.